Steter Tropfen höhlt den Stein

Volksstimme – Do, 07. Februar 2019

«Carte blanche» – Stefan Zemp, Landrat SP

Ja doch, ich bin zufrieden. Nach wiederholten Verärgerungen über unsere Begegnungszone mit zu viel Blech kommt nun Bewegung in die Sache. Zur Erinnerung: Die SP Sissach  lud im vergangenen Herbst einen Fachmann von Fussverkehr Schweiz ein, um die Situation in unserer Begegnungszone zu analysieren. Und plötzlich, erwacht aus dem mehrjährigen Dornröschenschlaf, bewilligt der Gemeinderat auf Antrag der Kommission 11 300 Franken, damit Fussverkehr Schweiz ein Auftrag zur Nachbesserung gegeben werden kann, oder damit zumindest Vorschläge erarbeitet werden können.

Offensichtlich ist nun endlich Bewegung in die Sache gekommen. Hoffentlich im Sinne der Bevölkerung. Ob allerdings so ein Parkhaus-Stahlbau innerhalb der Kernzone in unmittelbarer Nähe zu geschützten Bauten und sensibler Umgebung die Lösung bringen wird, da setze ich doch grosse Fragezeichen betreffend der Zonenvorschriften «Sissach Kernzonenreglement>>. Wer sich einmal die Mühe genommen hat, zu jeder erdenklichen Tageszeit in den beiden Parkhäusern beim Coop und der Kantonalbank vorbeizuschauen, der wird feststellen, dass es jederzeit zwischen 40 und bis zu 80 freie Parkplätze hat. Frei zugänglich und mit Lift direkt mit der Begegnungszone verbunden. Zentraler und bequemer geht es kaum.

Doch wie gesagt, ich bin zufrieden. Was mir jedoch viel mehr Sorgen bereitet, ist der Umgang mit unserer Umwelt. Nach der 68er­ Bewegung, den rebellischen 8Oern mit Pflastersteinen und Punkallüren («Mach kaputt, was dich kaputt macht»), entsteht nun nach langen 30 Jahren wieder eine neue Bewegung. Und diesmal sind es unsere Kinder, die für eine Zukunft auf die Strasse gehen. «Kiimawandel jetzt», fordern sie. Mit unserer hervorragenden Bildung und Zugang zu Informationen  haben sie die Zeichen der Zeit erkannt und beginnen sich lautstark zu wehren. Sie verstehen nicht, wie unsere Politik einfach zuschauen kann, wie sich die Veränderungen unserer Umwelt mit zunehmender Intensität hartnäckig manifestieren. Trockene Sommer, Trinkwassermangel, durch die Globalisierung eingeschleppte Schädlinge, aber auch Hilflosigkeit beim Willen, zwingend Massnahmen zum Erreichen neuer Klimaziele umzusetzen.

Die Technologien sind vorhanden, das Wissen auch. Leider fehlt es noch am Sachverstand der Umsetzung. Stattdessen werden die Ängste befeuert. Die Angst, sich einzuschränken, treibt zuweilen seltsame Blüten. Man könnte beinahe glauben, Brüderchen Iwan steht vor der Türe und sperrt uns alle nach Sibirien zum Steineklopfen. Dabei befinden wir uns in einem der reichsten und freiesten Länder der Weft. Frei nach dem Motto «Brot für Brüder, Fleisch für mich>>, sind wir nicht gewillt, den Tatsachen ins Auge zu sehen und wursteln fröhlich weiter. Deshalb bin ich allen Schülern und Lehrlingen zu Dank verpflichtet, die den zivilen Ungehorsam pflegen in ihrem Umgang mit der Zivilcourage. Ich wünsche mir mehr ungehorsame Bürger, Schüler, Mitmenschen, die alles daransetzen, die Uhr, welche auf 3 vor 12 Uhr steht, zu stoppen. Zukünftige Generationen sollen uns nicht vorwerfen können, wir hätten eigentlich alles gewusst und trotzdem wenig bis gar nichts getan. Unter diesem Aspekt kann ich nicht zufrieden sein.

Steter Tropfen höhlt den Stein