Marktstände statt Blechkolonne

Volksstimme – Di, 08. Januar 2022

Sissach | Ein Teil der Begegnungszone soll samstags autofrei werden

13 Jahre nach der Eröffnung der Begegnungszone ist es für Urs Chrétien überfällig, dass im «Strichcode» etwas geschieht. Er möchte, dass ein Teil der Begegnungszone immer am Samstag verkehrsfrei wird. Das Gewerbe ist dagegen.

Zwischen der Sonnenkreuzung und dem Coop soll die Begegnungszone immer am Samstag den Fussgängern gehören, fordert Urs Chrétien. Bild ch

Christian Horisberger

Für Urs Chrétien ist lange genug über Veränderungen in der Sissacher Begegnungszone geredet worden. Stattdessen will er lieber «machen», endlich:Wie an der Gemeindeversammlung vom 8. Dezember angekündigt, beantragt der Mitbegründer der «Stechpalme» eine Verkehrsentlastung der Begegnungszone. Konkret fordert Chrétien, dass der Bereich von der Sonnenkreuzung bis zum Coop jeden Samstag vom motorisierten Verkehr befreit wird.

In jenem Bereich könne die Aufenthaltsqualität und auch das Angebot deutlich verbessert werden, schreibt Chrétien in seinem am 5. Januar eingereichten Antrag an den Gemeinderat: Denkbar wären für ihn ein Wochenmarkt fürs regionale Gewerbe, im Bereich «Cheesmeyer» kulturelle Anlässe, Auftritte von Dorfvereinen. Zudem könnten die bereits existierenden Strassencafés erweitert werden. Die Verkehrsbefreiung der Liestaler Rathausstrasse habe dem «Stedtli» enormen Schub verliehen und es zu einem Begegnungsort und Treffpunkt gemacht, sagt Chrétien zur «Volksstimme». Das wünsche er sich auch für Sissach – wenigstens am Samstag, wenn die Leute Zeit dafür hätten.

Idee, nicht Herkunft beurteilen
Der «autofreie» Samstag sei eine spontane Idee gewesen, sagt der 64-Jährige. Die «Begegnungs AG», die wie er eine höhere Aufenthaltsqualität auf dem «Strichcode» anstrebt, habe er informiert, aber nicht mit ihr zusammengespannt. Er habe auch die «Stechpalme» nicht ins Boot geholt, sondern den Antrag bewusst als Privatperson eingereicht: «Ich möchte, dass die Idee nach ihrem Inhalt beurteilt wird und nicht nach einer Partei oder Organisation, die dahinter steht.»

Wenig überraschend fällt der «autofreie» Samstag bei der «Begegnungs AG» auf fruchtbaren Boden. «Immer, wenn in der Begegnungszone etwas läuft, das Emotionen weckt, kommen die Menschen», sagt Stefan Zemp, Mitglied der Gruppe und Initiant des «Jazz uf em Strich». Seines Erachtens eröffnet die Belebung der Begegnungszone mit Aktivitäten auch fürs Gewerbe «ungeahnte Möglichkeiten»: Angesichts stetig steigender Umsätze im Online-Handel könne mit einem nicht digitalen, sondern realen Erlebnis die Kundenbindung gestärkt werden, findet Zemp. Einem oft von Ladeninhabern genannten Argument gegen eine Verkehrsreduktion hält er entgegen, dass die Leute immer noch von Montag bis Freitag die Möglichkeit haben, etwas Schweres mit dem Auto in einem Laden abzuholen.

Dem widerspricht Hans-Rudolf Pfaff von der gleichnamigen Papeterie im von einer Sperrung betroffenen Perimeter nicht. Jedoch sei es eine Illusion, dass sich beispielsweise ein Markt umsatzsteigernd für die Ladengeschäfte auswirke. Dies könne er aufgrund der Umsätze jeweils an den Sissacher Markttagen belegen. Bestenfalls könne der Umsatz gehalten werden, eher wahrscheinlich sei, dass auswärtige Kunden, die ansonsten am Samstag im Sissacher Zentrum ihre Einkäufe machen, dies stattdessen an einem Ort tun, wo sie vor die Läden fahren können. Daher lehne er den Antrag Chrétiens ab.

«Keine Option» ist die Sperrung der Begegnungszone für den Gewerbeverein Sissach – sei diese auch nur teilweise und temporär. Es sei wichtig, dass man sie durchgängig mit dem Auto befahren könne, um Besorgungen zu machen, sagt Vizepräsident Mario Herger. «Das ist unser Credo» und das gelte auch für den Samstag.

Fakten schaffen
Stefan Zemp dürfte das kategorische Nein ärgern, das auf der Argumentation beruht, dass das Gewerbe in der Begegnungszone ohne die Autos kaputt gehe. Das seien Behauptungen, die sich mit einem autofreien Samstag erhärten oder widerlegen liessen. Nur wenn man etwas ausprobiere, habe man Fakten. Auf deren Basis liesse sich beurteilen, ob man daran festhalten will oder die Übung abbrechen soll.

Exakt dies ist Urs Chrétiens Stossrichtung: Die temporäre Sperrung solle ohne bauliche Massnahmen erfolgen, um keine Kosten zu verursachen. Zusätzliche Verkehrstafeln bei den Eingängen würden genügen, schreibt er im Antrag. Falls der Bedarf für eine vielseitige Nutzung der Begegnungszone am Samstag «wider Erwarten» nicht bestehe, könnten die Tafeln «jederzeit wieder entfernt und der heute bestehende Zustand wiederhergestellt werden».

Laut dem zuständigen Gemeinderat Stephan Marti wird Chrétiens Antrag voraussichtlich am 21. Juni vor die Gemeindeversammlung kommen. Der Gemeinderat werde «in nächster Zeit darüber beraten». Um dieser Diskussion nicht vorzugreifen, kommentiere er den Vorstoss zurzeit nicht.

Marktstände statt Blechkolonne